Biographie vom Übergewicht

  • Ich weiß nicht ob das hier noch gut reinpasst. Ich habe heute in meiner Therapiesitzung festgestellt, dass ich immer noch ziemliche Minderwertigkeitsgefühle habe. Ich dachte irgendwie ich hätte das überwunden. Ich habe alles was ich mir gewünscht habe und ich bin glücklich im Leben. Dennoch frage ich mich in gewissen Momenten ob ich mein Glück überhaupt verdiene und ob ich gut genug bin. (Allerdings denke ich, dass jeder Glück verdient ohne dafür etwas leisten zu müssen)


    Als Kind und als Jugendliche habe ich ganz viele Komplexe gehabt. Ich war und bin immer noch schüchtern, aber ich finde ich bin stärker geworden und selbstbewusster in meinem Auftreten. Daher hat mich diese Erkentniss so umgehauen. In manchen Situationen, jedoch, zweifele ich ob ich gut genug bin und habe große Versagensängste. Jeder hat die natürlich, aber das führt bei mir manchmal zu regelrechten Angstphasen, wo mir alles Angst macht und es schwer im Alltag wird damit zu leben. Phasen, in denen ich befürchte alles falsch zu machen und nur Negatives sehe.


    Ich kann es mir auch damit erklären, dass ich eben als Kind und Jugendliche schlimm gemobbt wurde. Meine Eltern haben mir nie vermittelt, ich könne etwas nicht. Ich weiß nicht, weshalb es so ist. Aber als dicker Mensch ist man für Andere das personifizierte Versagen. Vor allem, da Gesundheit und Körper ja irgendwie nicht einem selber gehören. Man muss sich ständig rechtfertigen weshalb man nicht "normal" ist. Warum man es nicht "endlich" schafft gesund zu sein.
    Alle erheben Anspruch darauf das Übergewicht zu thematisieren und ihren Senf dazuzugeben: Ärzte, Familienmitglieder, Medien und am besten auch noch jeder x-beliebige auf der Straße. Da fühle ich mich wirklich manchmal wie ein Versager auf zwei Beinen.


  • Aber als dicker Mensch ist man für Andere das personifizierte Versagen. Vor allem, da Gesundheit und Körper ja irgendwie nicht einem selber gehören. Man muss sich ständig rechtfertigen weshalb man nicht "normal" ist. Warum man es nicht "endlich" schafft gesund zu sein.
    Alle erheben Anspruch darauf das Übergewicht zu thematisieren und ihren Senf dazuzugeben: Ärzte, Familienmitglieder, Medien und am besten auch noch jeder x-beliebige auf der Straße.


    Du sagst es! Und das ist für mich auch mit das Schlimmste am Dicksein, das jeder meint, er dürfte das kommentieren und dicke Menschen deswegen be- oder verurteilen. Was gibt den Leuten eigentlich das Recht dazu? Das macht mich manchmal so wütend! :mad:

  • Minderwertigkeitskomplexe sind ja auch kein Wunder,wenn man ständig zu hören bekommt, dass man so wie man ist, nicht richtig ist.
    Meine Mutter hat immer gerne den Satz " Schau Dich mal im Spiegel an, wie Du aussiehst " gesagt. Der geht mir heute immer noch oft durch den Kopf, wenn ich vorm Spiegel stehe.
    Sie hat auch gerne gesagt " Schau Dir deine Freundinnen an wie schlank die sind, schau Dir Deine Schwester an, wie schlank die ist und wie hübsch. Alle schlank und hübsch, nur ich halt nicht.Wollte ich auch sein, ich war ein typisches Mädchen, habe mich fürs Schminken und für meine Haare und für Klamotten interessiert.


    Nicht, dass ich jemals von jemandem Komplimente bekommen hätte ,allenfalls ein " Du könntest hübsch sein, wenn Du nicht so dick wärst." Da kann man machen,was man will, man ist halt vor allem dick und wer dick ist, ist so wie man nicht sein soll.


    Das ist heute immer noch so, nur, dass ich mir halt keine Illusionen mehr mache. Dadurch sind die Komplexe ein wenig der Gleichgültigkeit gewichen. Ich bin so wie ich bin und ich darf auch so sein und andere geht das nichts an. Mein Gewicht ist eben MEIN Gewicht, ich trage es mit mir herum und ich mache das nicht weil es nur in Größe 56 schicke Kleidung gibt, sondern weil ich eben so bin. Ich habe mir das nicht ausgesucht, es ist halt einfach so.

  • Ich war bis zu meiner Schwangerschaft sportlich
    (reiten, rudern, schwimmen). Dann kam das Kind und alles änderte sich.
    Während der Schwangerschaft nahm ich in den ersten 7 Monaten 7kg zu
    und in den letzten 3 Monaten 30kg. Ich konnte mich kaum noch bewegen, es war sehr warm (Sommer) und ich bekam echte Probleme.


    Dieses Gewicht bin ich nie wieder losgeworden. Heute bin ich 54, meine Tochter hat morgen Geburtstag. Immer wieder denke ich dran wie das damals war. Ich habe es angenomnen dick zu sein, möchte auch nicht auf alles verzichten und werde wohl nie wieder unter 100 kg wiegen. Zur Zeit sind es 103 bei 1,68m Grösse. Was solls, das Leben ist zu kurz um nur zu hadern:)

  • Jenny 87: Du sagst es. Als ich deinen Beitrag las, fielen mir sofort sehr viele Situationen ein, in denen ich mich soooo schlecht fühlte.


    "Das würde dir mit ein paar Pfund weniger viel besser stehen."
    "Ja, der Pulli ist nett, der sah an ... natürlich anders aus, SIE ist ja auch schmaler."


    Solche Beispiele könnten Seiten füllen. Und weil der Mensch ein kompensatorisches Wesen ist, kam, was kommen musste. Ein Pfund nach dem anderen mehr. Hätte ich den Frust mal mit Sport statt Schokolade kompensieren können.


    Ein Teil meiner Dicken-Biographie ist, dass meine Eltern ausschließlich verabeitet haben, was im eigenen Garten war. Das hört sich nach Idealfall an, ist es aber nicht, wenn man monatelang nur Kohl und Kartoffeln auf dem Teller hat und es nicht mag oder Beeren und Äpfel. Frisch in den Sommermonaten, in den anderen Monaten eingekocht, eingefroren, als Fruchtpü oder Sirup. Es gab zwar auch Tomaten und Rettich, aber beides mochte ich nicht besonders, vermutlich auch wegen des Überangebots.


    Ich habe erst als Erwachsene das erste Mal in eine Paprika gebissen. NIE werde ich vergessen, wie paradiesisch ich das empfand. Dieser frische, leicht süßliche Geschmack einer Paprika. Oder Reis, oder Nudeln, oder Pizza. Diese Sachen gab es bei uns vielleicht alle 6 Wochen mal. Mit der ersten eigenen Wohnung habe ich das alles gefressen. Essen kann man das leider nicht mehr nennen. Zusammen mit dem Nikotinentzug hat mir das, wenn ich nachdenke, um die 30 kg mehr gebracht.


    Gruß,


    Marie-Luise

  • Hallo ihr Lieben,


    ich bin seit mehreren Jahren mal wieder hier im Forum unterwegs, denn bei mir hat sich einiges geändert.
    Ich war das letze mal vor ca. 4 Jahren aktiv und muss sagen, damals war ich rund 40 Kilo leichter und trotzdem nicht schlank. Ich hatte immer schon einen ordentlichen Bauch aber mein Gewicht geht seitdem kontinuierlich hoch und ich kann es einfach nicht stoppen. Die 100 habe ich schon vor ca 2 Jahren geknackt.
    Das war ein richtiger schock für mich. Jetzt wiege ich mich nicht mehr aus angst aber ich merke immer wenn die Hosen mal wieder enger werden. :(
    Kennt ihr das?

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