Eure Erfahrungen mit Pflegepersonal

  • Hallo,
    ich bin Krankenschwester auf einer Intensivstation und mache im Moment die Fachweiterbildung Intensiv-und Anästhesiepflege. Ich muss eine Hausarbeit schreiben und möchte mich in dieser mit dem Thema Adipositas beschäftigen und zwar im Hinblick darauf, wie Pflegepersonal (also solche wie ich) mit adipösen Patienten umgeht. Ich bräuchte dazu eure Hilfe und würde mich wirklich sehr
    über eure Meinung freuen. Mich interessieren vor allem eure Erfahrungen mit Pflegepersonal im Krankenhaus.


    Was habt ihr an negativen und positiven Erfahrungen gemacht? Auf welche Vorurteile seid ihr dort gestoßen? Gab es sprachliche Entgleisungen? Gab es nicht-sprachliche Entgleisungen, also grobe Berührungen usw.?


    Leider gibt es in Fachartikeln dazu nur wenige und sehr allgemeine Aussagen. Mir geht es um eure persönlichen Erfahrungen, um die Erfahrungen Betroffener.


    Ich danke euch für eure Meinungen und euer Vertrauen.


    Doro

  • Mit dem Pflegepersonal habe ich bis jetzt immer nur gute Erfahrungen gemacht - an deren Empathie und Sachverstand sollte sich so mancher Arzt eine dicke Scheibe abschneiden!
    Z. B. war ein Arzt nach der Sectio nicht in der Lage, die Gebärmutter zu ertasten - die Schwester hat dazu nur einen Griff gebraucht und hat nicht wie verrückt drücken müssen, sondern war sehr sehr sanft.

    Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus.
    Flog durch die stillen Lande als flöge sie nach Haus.

  • War manchmal erstaunt, wie das Pflegepersonal mit geübten Handgriffen auch schwere Patienten pflegen konnte. Bisher habe ich bei schweren Verwandten und auch bei mir keinerlei Grobheit, Berührungsangst und auch bei mir, die ich nicht gerade leicht bin, feststellen können. Die guten Fachkräfte haben es einfach drauf, auch menschlich.

  • Also ich muss sagen, dass auch Pflegepersonal wie jede andere Berufssparte nichts Besonderes ist. Es gibt Gute wie Schlechte.
    In meinem Pflegealltag habe ich schon alles miterlebt, von empathischen Menschen, die sich auch ein bisschen Gedanken um den Gegenüber gemacht haben bis hin zu völliger Ignoranz.
    Sehr beeinflussend ist meiner Erfahrung nach immer, weshalb der Patient da ist und wie sein Allgemeinzustand ist.


    Ist es ein "netter, bemühter Patient" - alles roger. Der "lustige Dicke" kann es durchaus leichter haben. Bei "Problemfällen" (und die können vielschichtig sein), wird man dann gern ausfallend (ob im oder außerhalb des Zimmers) und dann wird geätzt was geht. Und Ziel dieses Spotts/Aggression/Frust wie auch immer ist dann oft das Thema Adipositas, der Patient ist dann nicht mehr Herr Frau XY, sondern der/die Dicke. Gerade wenn so jemand auch noch die gängigen Klischees bedient, ist oft Sense.
    Zum Beispiel ein Patient mit Schlaganfall, gern auch noch Frontalhirnschaden und wesensverändert, ist dann ein fetter aufdringlicher XXX den man liegen lässt und nur das Nötigste verrichtet.
    Schlaganfall mit Halbseitenlähmung und daraus resultierender erheblicher Schwierigkeiten bei der Selbstmobilisation (es ist nunmal mehr totes Gewicht zu bewegen) und da kann man auch ratzfatz im eigenen Körper gefangen sein, ist dann ebenfalls eine faule XXX, die zu faul zum Aufstehen ist und sich gern bedienen lässt.


    Ich komme aus einem neurologischen Bereich, sowohl mit Stations- und Intensiverfahrung.


    Patienten, die noch sediert oder komatös waren, sind dann als erstes entmenschlicht worden. Da war es dann nur noch ein dicker Berg, der Ärger macht. Mobilisation erschwert, nur mit Hilfe anderer ordentlich zu lagern, auch im Pflegeaufwand intensiver, zum Beispiel bei der Körperpflege. Natürlich muss das nicht sein, aber wenn man es richtig machen will, dauert es eben länger :
    Im Hochsommer zum Beispiel, ist es mir wichtig, dass da eben nicht nur 1x gewaschen wird und ansonsten nur Intimpflege gemacht wird, sondern eben mehrfach wegen Intertrigogefahr gewaschen und getrocknet wird, also Falte für Falte. Da hab ich auch schon Kollegen gehabt, denen das nicht bewusst war und die Haut dann ratzfatz offen oder verpilzt, oder die sich geekelt haben, wie man da nur so so "riechen" kann und weshalb sich da teils schmierige Beläge bilden.


    Ich könnte jetzt eine ewige Debatte darüber lostreten, wie blöd die Zustände in der Pflege sind und dass kaum noch etwas bezahlt wird und die Arbeit immer mehr wird, aber das ist hier ja nicht das Thema.


    Ich bin nun selbst deutlich adipös mit einem BMI um die 50 herum, aber im Alltag durchaus belastbar und auch sonst bin ich ohne größere Schwierigkeiten bzgl des Übergewichts durchs Leben gekommen :)
    Ich bin mir aber bewusst, dass sich das ratzfatz ändern kann, wenn ich zum Beispiel von jetzt auf gleich pflegebedürftig bin.


    Ich denke die teilweise anders gelagerten Bedürfnisse von übergewichtigen Patienten sind einfach zu wenig in den Köpfen Normalgewichtiger und Adipositas wird in der Ausbildung leider immer noch nur in der "Bekämpfung" und in der "Krankheitslehre" hervorgeholt.
    Wie sich Übergewicht auf die ATL/AEDL auswirkt - Pustekuchen.
    Übergewichtige haben nun mal zum Teil andere Bedürfnisse - und wer es nicht aus eigener Erfahrung kennt oder sich aus eigenem Antrieb mit der Thematik beschäftigt hat, der kann darauf natürlich nicht eingehen. Auch die Ausrüstung in Kliniken ist da m.E. noch deutlich unrerepräsentiert : Lifter zum Beispiel oder Spezialbetten, bei denen die Hydraulik nicht bei 140kg in die Knie geht.


    Nun sind die geschilderten Vorfälle alle dickenspezifisch, viele passieren nicht im Beisein des Patienten, sondern es wird sich im Team darüber "ausgekotzt" - aber so ist "die Denke" leider.
    Es gibt eben solche und solche Menschen, und die wird es immer geben.
    Aber das ist auch kein "Dickenproblem", diese Sachen passieren leider immer wieder, auch bei Normalgewichtigen.


    Ich habe auch schon nach der Übergabe, einer Kollegin beim Säubern eines Patienten geholfen, der sich und das Bett verschmutzt hatte und nur wenig interaktionsfähig war. Er hatte nunmal eine Durchfallerkrankung und es ging ihm nicht gerade gut.
    Da standen wir nun links und rechts vom Bett und taten unsere Arbeit, während sie sich lautstark darüber ausließ, wie bescheiden doch dieses Zimmer sein und sie heute schon mehrfach das
    Theater hatte und sie froh wäre, endlich Feierabend zu haben und dass sie hier nicht mehr freiwillig reinginge.
    Die andauernde Scheißerei würde sie ankotzen und sie könne das nicht mehr mit ansehen.
    Wohlgemerkt : 50cm Entfernung zum Patienten, darüber stehend, und er in einer sehr unangenehmen Situation.
    Wieviel er davon letztendlich mitbekommen hat, weiß ich nicht. Ich weiß bzw gehe davon aus, dass vor mir ein vollwertiger empfindungsfähiger Mensch liegt und ich war nur schockiert und habe dann auch mit der Kollegin darüber gespochen. Man hätte auch einfach den Bereich wechseln können, ohne sich in dem Zimmer so gehen zu lassen.


    Letztendlich ist es ein Mix aus persönlichen Kompetenzen und auch der zunehmenden Arbeitsbelastung :
    Jeder, der da mehr Arbeit macht oder die persönlichen Abenigungen bedient, hat einfach einen schwereren Stand.

  • Schokosahne, es ist erschreckend.....bisher war ich erst 3 mal Patientin in einem KH und anscheinend dann eine "gute Dicke". Was wird, wenn ich tatsächlich pflegebedürftig werden würde - keine Ahnung. Ich hoffe, ich komme niemals in diese Lage. Und wenn, dann hoffe ich das mein Mann sich an unser gegenseitiges Versprechen erinnert.

    Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus.
    Flog durch die stillen Lande als flöge sie nach Haus.

  • Also ich muss da irgendwie differenzieren.


    Als Patientin hatte ich bisher eigentlich gute Erfahrungen. Nettes, bemühtes Pflegepersonal.
    Außer gestern. Das war der schrecklichste KH-Aufenthalt meines Lebens. Sowohl Pflegepersonal als auch Ärzte...waren unmöglich.
    Ich weiß aber nicht, ob das mit meinem Übergewicht zusammenhing oder, ob die da einfach immer so sind.. ^^


    Jedoch in meiner Arbeitszeit als Krankenschwester, habe ich die furchtbarsten Kollegen kennengelernt.
    Ich dachte so viel Lästerei kann es doch gar nicht geben.
    Und mich immer mehr vor einem eigenen KH-Aufenthalt gefürchtet.
    Als ich es mal zur Ansprache brachte, war ich die Verständnislose.
    Denn ich würde ja noch nicht so lange in dem Beruf arbeiten. Irgendwann wird man einfach so, um den Frust abzubauen.
    Aber auch nach fünf Jahren wurde ich nicht so.
    Und ich ging auch nicht davon aus mal "so" zu werden.


    Aber auch dieses Verhalten war nicht nur Dicken gegenüber.
    Auch die obligatorisch "nervigen" Patienten, die weinerlichen, die Frau, die unten rum streng roch und vom Pflegepersonal "Fisch" genannt wurde. Naja und dennoch auch die adipöse Patientin, der keiner den Verbandswechsel machen wollte, weil man den Bauch dabei anheben müsse und "da bricht man sich ja das Kreuz bei der Menge Fett"


    Mit ein Grund, dass ich den Job an den Nagel gehängt habe und Krankenhäuser gerne meide ;)


    P.S. Grad erst Schokos Antwort gelesen. Und ich kann in allem nur den Kopf nicken. So ist es nämlich. Leider.
    Woran liegt´s, frag ich mich?
    Die Pflegesituation? Mangelnde Empathie der Personals? Überlastung? ... Keine Ahnung.


    In unserem Kinästhetikkurs im übrigen wurde uns auch beigebracht mit adipösen Patienten umzugehen, dass man es sich oft schwerer macht, als es eigentlich ist.
    Ich fand die Dozentin großartig.
    Und das war das erste Mal, dass man normal über das Thema geredet hat. Und ich wurde dann als Adipöse im Kurs gerne als Versuchsobjekt genutzt. Man konnte mich mit Erfolg mobilisieren ;)


    Aber wie Schoko schon sagte. Was ist mit den restlichen ATLs? Meisst wird einem adipösen Patienten viel mehr Hilfebedüftigkeit unterstellt, als einem "normalgewichtigen" und das regt dann den Pfleger auf. Keiner will zu dem Patienten und ihn behandeln usw.
    Ach, ich könnte mich da ewig drüber auslassen.

  • Mit ein Grund, dass ich den Job an den Nagel gehängt habe


    Bin ich die einzige, die es absolut pervers findet, daß Leute die gut mit den Patienten klarkommen diejenigen sind, die das Handtuch schmeißen?
    Eigentlich müßten doch die unzufriedenen Kollegen jene sein, die als erstes gehen. Oder sehe ich das falsch?
    Da frage ich mich, welche Befriedigung die aus ihrem Job herausziehen, daß sie trotz aller Mecker- und Lästerei bleiben?

  • Mein Problem in der Pflege ist folgendes :


    Ich bin oft genug im Alltag verzweifelt.
    Die Ausbildung befähigt einen dazu, Patienten allumfassend zu betreuen und an der Genesung mitzuwirken. Dabei ist es gar nicht mal so wichtig ob es nun Beruf oder Berufung ist. Das Schlimme ist nur wenn man in der Theorie weiß, was zu tun ist, aber strukturbedingt dies nicht in die Tat umsetzen kann.
    Es geht nunmal nicht um Aktenberge die dann mal liegen bleiben sondern um Menschen die JETZT Hilfe benötigen.
    Ich habe einen Anspruch an meine Arbeit und möchte diese qualitativ gut erbringen und wenn da auch noch Herzblut dabei ist, verzweifelt man umso schneller.
    Innerhalb von 10 Jahren ist das Personal bei uns zumindest um 30% dezimiert worden, bei gleichbleibender Arbeit.


    Irgendwo muss dann natürlich gespart werden.


    Am Tag sind aktuell etwa 3,40 Euro für das Patientenessen da, welches auch noch speziell an die Bedürfnisse angepasst werden muss (Dysphagie).
    Was soll da noch hochwertig sein? Lange schon gibt es nur noch Wasser und Tee, andere Getränke als Chemie-Pampe zum Anrühren. Frisches Obst und Gemüse nur sporadisch.


    Die Ausrüstung wird auch schlechter - alles immer billiger. Pflaster kleben nicht richtig, dafürHighTech Verbandsmaterialien die kaum jemand richtig einsetzt und die dann horrende Kosten verursachen.


    Weniger Personal, das gerade noch die Grundversorgung sicher stellen kann aber nicht mal täglich die Leute von Kopf bis Fuß waschen kann geschweige denn Duschen und Haare waschen.
    Die Vorstellung vom Leben und der Pflege anderer ist im Kopf einer ganz andere... Ich fühle mich nicht wohl wenn ich nicht täglich die Haare wasche und 2x täglich dusche. Ich möchte direkt nach Erledigung meiner "Geschäfte" sauber sein. Das sind schon kleine grundlegende Bedürfnisse die kaum noch erfüllt werden können. Nun war ich in einer rehabilitativen Abteilung mit Schwerstbetroffenen tätig - da kommt noch soviel mehr dazu...


    Zunächst ließ ich meine Pause weg, danach erledigte ich die Dokumentation nach der regulären Arbeitszeit um mehr Zeit für die Patienten zu haben.
    Irgendwann machst du das nicht mehr mit, man geht daran kaputt oder es verändert einen.
    Man verlässt entweder den Beruf oder stumpft ab und wird unempfindlicher.
    Man ist wütend wenn man aufgehalten wird weil man kaum noch weiß wie man bis Schichtende fertig wird, man ist selbst mal müde und lässt den Patienten dann auch mal klingeln und warten bis man selber mal durchgeatmet hat und und und.


    In dem Beruf wird man nur alt, wenn man einen Ort findet an dem man seine Vorstellung von guter Pflege noch verwirklichen kann oder man in das apparative wechselt. Ich kenne Leute die gerne im Op arbeiten weil alles mehr oder weniger planbar ist und man die Leute nicht kennenlernen muss, und am Ende schnell wieder los ist. Stationsarbeit fordert einem emotional mehr ab. Intensivpfleger denen Beatmete lieber sind als Wache.


    Ich kenn heute niemandem mehr guten Gewissens den Pflegeberuf empfehlen - es sei denn das Interesse für seine Mitmenschen halt sich in Grenzen.
    Bekloppt aber wahr - andernfalls geht man früher oder später selber drauf.

  • Nachdem ich das gelesen habe, möchte ich
    als ehemaliger Patient, dem es sehr schlecht ging,
    meine Wertschätzung für alle, die in diesem Bereich
    arbeiten, ausdrücken.
    Mir sind die Krankenschwestern als Engel erschienen.
    Sie müssen schwer arbeiten und haben Stress und die
    allermeisten schaffen es immer noch, fürsorglich und
    empathisch zu sein - trotz der widrigen Bedingungen.
    Und manche Patienten sind einfach nur schwierig - wenn
    jemand, der im Leben ein egoistisches Arschloch ist,
    wird er das leider auch sein, wenn er ins Krankenhaus
    kommt:mad:.Ich finde, daß man sich als Pfelegepersonal
    dann nicht zu genieren braucht, entsprechend auf solche
    Menschen zu reagieren (wobei ich jetzt NATÜRLICH nicht meine, daß man sie pflegerisch oder in der medizinischen Betreuung vernachlässigt ), die querulantisch dazu neigen, sich durch
    entsprechendes Auftreten eine Sonderbehandlung oder Vorteile verschaffen zu wollen, zu Lasten des Personals oder anderer Patienten.

  • Schokosahne (und @alle anderen)
    Du hast völlig Recht und ich unterschreibe alles, was du gesagt hast. Ausnahmslos!
    Trotzdem liebe ich verrücktes Ding meinen Beruf und versuche ihn so gut wie möglich zu machen. Und mir ist halt aufgefallen, dass es meinen Kollegen (und ehrlicherweise auch mir, bevor ich mich mit dem Thema Adipositas beschäftigt habe :o) leicht fällt, jemanden zu akzeptieren, der eine Magersucht hat, aber nicht jemanden, der Adipositas hat.
    Danke für alle bisherigen Beiträge!
    :)

  • hei zusammen,



    meine Erfahrungen mit Pflegepersonal waren bisher sehr gut. Als meine Mutter krank wurde, war die Pflege im Krankenhaus echt top. Für jetzt, die zeit danach, haben wir uns schließlich eine tagsüber Verhinderungspflege geholt. Die beiden haben sie sich super verstanden und es herrschte ein liebevoller Umgang.

  • Nach den langen Jahren hast du sicherlich deine Antwort schon bekommen, aber wie ich sehen kann ist das Thema immer noch aktiv, daher möchte ich meine Erfahrung gerne teilen.


    Also meine Erfahrung mit einer Betreuung zu Haus und polnischen Pflegekräften war bisher sehr gut, wir haben eine Pflegekraft für eine Betreuung zu Hause meiner Oma bei pflegezuhause gefunden, genauer gesagt könnten wir leicht eine Pflegekraft in Stuttgart finden, wobei man auch eine Pflegekraft auch aus anderen Standorten beantragen kann.


    Die Preise sind echt gut und die Pflegekräfte haben auch sehr gute Erfahrung in ihrer Arbeit!


    LG

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