"Gewichtshalbierung"

  • Ich habs lange hin und her gewälzt ob ich mich an dem Hype um dieses Buch beteiligen möchte...
    Den Buchtitel nenne ich bewusst nicht, da ich noch nicht weiß ob ich dafür noch mehr Werbung will.
    Er ist -in meinen Augen- auf eine üble Weise reisserisch und ruft bei mir "Erlöser-Phantasien" hervor...würg
    Wers noch nicht mitbekommen haben sollte:
    Die Autorin (angeblich) ehemals 340kg schwer hat ihr Gewicht halbiert.
    In ihrem Bericht geht’s aber nicht um eine neue Diät sondern sie beschreibt und propagiert eine neue Haltung zu sich und dem Gewicht.
    Ja man könnte sagen es geht um Selbstakzeptanz


    Momentan wird sie so ziemlich durch jede Talkshow durchgereicht und findet auch anderweitig auf allen Kanälen statt.
    Ein Beispiel:
    http://www.stern.de/gesundheit…ich-halbiert-6693692.html


    Ich habe bisher nur eine etwas größere Leseprobe (und die Kommentare) gelesen bzw Interviews gesehen
    Kann also nur sehr bedingt ein Urteil fällen.
    Was mir allerdings aufstößt ist der -für meinen Geschmack- betont „lustige“ Umgang mit dem Thema.
    (Im oben verlinkten Interview verzichtet sie wohltuender Weise auf die saloppen Sprüche.)
    Außerdem fällt es mir schwer ihre Angaben zu Ausgangsgewicht (inkl der Lebensbedingungen) und den jetzigen Zustand zu „glauben“
    Zur Info: Ich habe etwa den BMI den sie (NACH Abnahme)hat und die körperlich, sozialen Einschränkungen sind EXTREM in vielerlei Hinsicht.
    (ok ich bin deutlich älter, das spielt sicher auch ne Rolle)


    Aber ich will nicht nur dran rumkritteln!
    Es hat natürlich -gerade für mich- seine Faszination wenn sich jemand DEUTLICH gegen Adipositas-Chirurgie entscheidet
    und -zumindest bisher- einen anderen „erfolgreichen“ Weg geht um wieder auf die Füße zu kommen (im Wortsinn)


    Wer hats schon gelesen?
    Wie denkt Ihr darüber?

  • Ich habe das Buch auch die Tage umkreist und werde es mir wohl zulegen.
    Mich nervt dieser etwas joviale Ton auch und ich denke das Comedyprogramm von ihr kann man sich schenken.
    Zur Lesung werde ich aber vielleicht hingehen (ist noch ein bisschen hin).


    Einerseits gebe ich ihr Recht, dass Humor enttabuisieren kann, bei ihr empfinde ich es aber teilweise etwas bemüht und eben auch gar nicht so richtig witzig.



    Wie ich es finde, kann ich erst sagen wenn ich das Buch gelesen habe- eher kritsch sehe ich den Satz: "Wenn ich das geschafft habe, dann schaffen Sie es auch" während ihr ja offenbar klar ist dass es eben nur 2% der Leute tatsächlich schaffen. Da finde ich den Satz einfach unseriös.


    Videos mit ihr habe ich noch nicht gesehen, aber auf den Bildern finde ich sie sehr sympathisch und sehr hübsch. (und ich würde sei gerne fragen wo sie dieses umwerfende, rote Top her hat)


    Zu ihrem jetzigen Zustand ... ich denke das kann schon sein, dass sie mit dem BMI relativ fit ist ... denn ich glaube man darf den Aspekt des Muskelaufbaus nicht unterschätzen und auch nicht vergessen dass sie Leistungssportlerin war. Ich glaube jemand der schon viele Muskeln hatte kann die leichter wieder aktivieren - merke ich zumindest an einer Freundin die wohlgerundet aber auch früher Leistungssportlerin war und im Vergleich einfach echt schnell Muskeln aufbaut wenn sie sich intensiver bewegt.


    Wenn jemand mit einem vergleichbaren BMI extreme Einschränkungen hat, muss das nicht für einen anderen gelten. Ich kannte z.B ein befreundetes Paar, bei dem die Frau extrem dick war, gut über 200 kg hat sie sicher gewogen - sie war aber dennoch sehr gut zu Fuß - das weiß ich weil ich z.B. mit ihr spazieren war und wir zu dritt oder viert manchmal ins Kino gingen oder andere Dinge unternahmen.


    Irgendwann trennte sich das Paar und der Mann lernte in den USA eine sehr dicke Frau kennen, die so in etwa in der Gewichtsklasse seiner Ex spielte. Er lebte in der Innenstadt im Bereich der Fußgängerzone und als sie ihn besuchen kam wurde das zu einem sehr großen Problem.
    Die Strecken die seine Ex problemlos bewältigte (und noch wesentlich mehr) waren für die Neue unmöglich zu schaffen. Sie musste im Grunde bis vor die Haustür gefahren werden, was da nicht so gut möglich war, zumal der Mann gar keinen Führerschein hatte und er für die Zeit ein Auto mieten musste, das sie dann fuhr (er konnte es also nicht mal eben zum parken wegfahren, das ist was ich damit sagen will)
    Die praktischen Probleme waren so enorm, dass sie u.a. deswegen dann doch kein Paar wurden. (Nicht nur deswegen natürlich, aber auch). Er sagte mir in einem Gespräch unter vier Augen, dass er ganz ratlos sei, weil er eben von seiner Ex ausgegangen sei und geglaubt habe so ginge es allen Dicken. [Blockierte Grafik: http://www.cosgan.de/images/midi/konfus/c090.gif] Und er war nicht unbedingt jemand der wenig Erfahrung mit dicken und sehr dicken Menschen hatte.


    So unterschiedlich kann das sein, bei ähnlichem BMI und in dem Fall sogar ähnlichem Alter. Ich hatte ihren Fitnesslevel (also den der Ex) aber von Anfang an eher ungewöhnlich hoch gefunden für das doch sehr starke Übergewicht. Aber das gibt es schon. Ja.

  • Hmmm....das mit dem „Leistungs“sport hab ich nirgendwo gefunden...:confused:
    - wäre dann aber VOR dem 15. Lebensjahr gewesen in dem sie ja den Trampolin-Unfall hatte, der sie 2 Jahre
    (die Zeitangabe schwankt von Interview zu Interview) an den Rollstuhl gefesselt hat.
    Sie hatte in diesen 2 Jahren mehrere Operationen an der Hüfte bzw Oberschenkelknochen.
    D.H. sie hätte dann mit ca 25 Jahren (Beginn ihres persönlichen "Rettungs-Programms“) auf den Muskelaufbau von vor 10Jahren zurück greifen können??
    Sorry, Frau Wunder, das kann ich nicht glauben.
    Und auch das eine derart vorgeschädigte Hüfte 340kg – wenn auch nur kurze Zeit- trägt...ist sehr unwahrscheinlich.
    Aber das ist alles Spekulation und wirkt vermutlich kleinlich angesichts des enormen Erfolgs.
    Für mich gibt es (leider) so einige Hinweise darauf, dass ihre Darstellung nicht ganz stimmig ist
    (vor allem in Hinsicht ihres Ausgangsgewichtes) und somit die gigantische Gewichtsreduktion um bisher rund 170kg auch nicht glaubwürdig auf mich wirkt.


    Selbst wenn sie „nur“ 250kg Maximum gehabt hätte wäre der Weg doch irre anstrengend und das bisher Erreichte
    – wenn es denn auf dem beschriebenen Weg passiert sein sollte - überaus annerkennenswert.
    Es würde mich nicht wundern, wenn es eine massive Übertreibung der Show wegen wäre.:(


    Ich glaube ich tue mich so schwer mit dieser Person, weil ich ihr wirklich GERN GLAUBEN MÖCHTE!
    Weil sie -entgegen meinen eigenen Erfahrungen- schon einige Jahre einen äusserst schwierigen Weg schafft (oder es zumindest behauptet..)


    Das sie mit diesen Erfahrungen „kabarettistische Lesungen“ anbietet finde ich kein bißchen witzig!
    Auch selbstironische Witze von Dicken über sich selbst sind letztlich meistens herabwürdigend und die elende
    „endlich mal die Wahrheit sagen, daß Fette einfach zuviel fressen und jammern hahaha“- Attitüde kann und will ich mir - auch von einer Dicken- nicht ziehen.
    Diese beifallheischende Pose mit Blick auf die „schlanke“Welt, die es ja schon immer gewußt hat....würg
    Nennt mich meinetwegen humorlos, ist mir egal.:mad:


    Hier der Link zu einer ca halbstündigen Sendung im NDR mit ihr (nicht wundern, beginnt etwas holperig. Ab ca 1.26 geht’s los)
    https://www.youtube.com/watch?v=6W98f0NyHZs


    und 10min im WDR:
    http://www.ardmediathek.de/tv/…=32900534&bcastId=7293532


    und ein Interview auf SPON „Wir Übergewichtigen jammern zuviel“
    http://www.spiegel.de/panorama…rticle-comments-box-pager


    Vielleicht zeigt das ja etwas von der Widersprüchlichkeit auf, die ich empfinde...??!


    ...und sehr wahrscheinlich gibts hier im Forum doch auch Fans des Buches bzw der Person, oder?
    Mögt Ihr vielleicht beschreiben was Euch überzeugt hat??

  • Ha! Schlaflosigkeit ist doch zu etwas gut! Ich bin schon durch :D


    Also - bitte nicht köpfen und vierteilen, aber ich finde das Buch auf eine Art gar nicht verkehrt.


    Um mal die "Spannung" vorweg zu nehmen ... sie nimmt mit ausgewogener Ernährung und selbstgekochtem Essen ab, greift nicht auf Light Produkte oder stark verarbeitete Produkte zurück ... aber so ganz genau verrät sie nicht wie das geht. Sie bekrittelt die unterschiedlichen Diätansätze und steht auch der Adipositas Chirurgie sehr kritisch gegenüber. Was sie nun wirklich anders macht, verrät sie aber nicht. Sie isst und nimmt damit ab. Und ansonsten muss jeder seinen eigenen Weg finden. Hm.


    Wenn man mal davon absieht, dass das Buch ein Abnahmebuch ist und nicht in allen Punkten zur Philosophie dieses Forums passt ... was mir an dem Buch gefällt:


    Sie spricht nicht pauschal alle Dicken an und sagt deutlich: wer kein Problem mit seinem Gewicht hat soll es bitte auch dabei belassen, die Leute die sie ansprechen will sind diejenigen denen ihr Gewicht zur Belastung und damit zum Problem wird.


    Sie erkennt an, dass es viele Faktoren gibt, die das Abnehmen enorm erschweren.


    Sie bleibt immer bei sich und verallgemeinert wirklich nur sehr selten.


    Mich beeindruckte, wie sie sich am eigenen Schopf aus dem Dreck gezogen hat. Sie erzählt z.B. davon, dass sie anfangs Nachts im Treppenhaus vier Stufen runter lief und vier Stufen hoch, sich dann auf einen Stuhl und ausruhen und wieder von vorne. Später der 60 m lange Weg zu einer Bank und zurück, der sie schon an ihre Grenzen brachte. Also wirklich wortwörtlich mini-kleine Schritte, mit denen sie nach und nach ihre Kraft wieder erkämpfte.
    Das zeigt mir, dass es in jeder Situation noch einen Weg gibt wieder fitter zu werden. Finde ich irgendwie ermutigend.



    Als sie schon einen OP Termin hatte, entschied sie sich gegen die OP und ihre Begründung finde ich wirklich stark und überzeugend.



    Was ich schwierig finde:


    Man kann ihre Lösung auf die Formel herunterbrechen: mehr Energie verbrauchen als man zu sich nimmt.
    Ich glaube so einfach ist es eben nicht immer ... und ich glaube auch im Unterschied zu ihr nicht, dass Übergewicht so gut wie immer auf psychische Probleme und nur selten auf körperliche Ursachen zurückzuführen ist.


    Wenn sie von den Mengen berichtet die sie gegessen hat, wird mir schwindelig - und ich halte mich weiß Gott für keinen Kostverächter, aber bei den Mengen (eigentlich eher schon bei der Hälfte dessen was sie aufzählt) müsste ich mich übergeben.


    Ich glaube eben, dass es viele Dicke gibt, die bei schon wesentlich weniger an Energie die sie ursprünglich zu sich nahm ordentlich zunehmen und entsprechend schwieriger gestaltet sich dann das Reduzieren bei der Abnahme. Ich denke das unterschätzt sie eventuell so ein bisschen.


    Und so Geschichten wie sie z.B. MeiersJulchen erlebt hat, sprich dass eben nicht die Menge sondern die Art der Lebensmittel und wie sie vertragen (bzw. nicht vertragen) wurden für das krank und dick werden des Körpers verantwortlich waren bleiben aussen vor.


    So richtig kann sie sich von ihrem wirklich sehr schlichten Weltbild nicht lösen ...




    Am Ende zerfranst das Buch so ein bisschen und ist nur noch eine Aneinanderreihung von Blogbeiträgen. Und mir stösst ein bisschen sauer auf, in was für schwarzen Farben sie ihr Dick-sein beschreibt.


    Ich bin selbst sehr dick und weiß dass es nicht immer einfach ist, aber diesen Spiessrutenlauf den sie z.B. im Supermarkt beschreibt kenne ich nicht. Okay, zugegeben, ich habe auch noch nie 340 kg gewogen.


    Was die Autorin nicht freuen wird, aber wer sich das Geld für das Buch sparen möchte sollte einfach ihren Blog lesen. Im Grunde sind die meisten Kapitel nämlich einfach in Reihenfolge gebrachte Blogbeiträge soweit ich das sehen kann.



    Hier ist ein Portrait, das wohl auf zdf-info kam. Finde ich gar nicht so schlecht gemacht.


    https://youtu.be/-JI3VjYC5rQ



    Mal von allem anderen (und ihrer etwas merkwürdigen Frisur) abgesehen, finde ich sie eine richtig schöne Frau, wie eine Fleisch gewordene PeterB Zeichnung :)





    Ob sie nun 340 kg gewogen hat oder 250 kg finde ich letztendlich nicht so wichtig (auch wenn ich verstehe, was Du meinst), das sind nur Zahlen. So wie sie ihren Zustand mit Höchstgewicht beschreibt, das erscheint mir schon glaubwürdig und authentisch ... alleine schon aus dieser Lage wieder dahin zu kommen längere Strecken laufen zu können, bis in den vierten Stock gehen und Sport treiben zu können finde ich wirklich beeindruckend.
    Und das was ich mir aus dem Buch rausziehe ist unanhängig von Gewichtsangaben.




    Für sie ging die Rechnung so auf, was schön ist ... ich glaube dass sie mit der Zeit aber lernen wird, dass diese Rechnung so leider nicht für jeden Dicken aufgeht und dass es bei manchen eben tatsächlich kein Ausrede, kein Schönreden ist.

  • Ach so, Krokette ... der Leistungssport wird in beiden Deiner verlinkten Videos erwähnt ;) :D - da habe ich diese Info zumindest her.


    Ich meinte damit, dass es dem Körper in gewisser Weise leichter fällt schnell Muskeln aufzubauen, wo schon mal welche waren. Keine wissenschaftliche Feststellung, nur eine Vermutung von mir, bestätigt von der rund-sportlichen Freundin ... keine Ahnung ob das nun wirklich zutrifft.


    Zumindest scheint Fr. Jäger sich schon immer gern viel sportlich zu betätigen, was ich schon als Vorteil sehe. Ich war als kleines, dünnes Kind schon saumässig unsportlich und habe lieber gelesen als Handstand zu üben ... ich könnte mir halt auch vorstellen, dass jemand der bis ins Jugendalter gern und erfolgreich Sport gemacht hat, dann selbst unter schwersten Bedingungen wieder leichter und schneller dahin findet, als jemand der unter Idealbedingungen (jung, schlank, beweglich) schon keinen Sport mochte.
    Und sei es nur, weil er da schon die Erfahrung gemacht hat in welchem großen Ausmaß der Körper veränderbar und trainierbar ist.


    So erklärt sich für mich eben auch dass es sportliche und weniger sportliche Dicke gibt. Es gibt ja auch sportliche und sehr, sehr unsportliche Schlanke. Das hat nicht immer etwas mit dem Gewicht zu tun.

  • Ich hatte von der Frau noch nie was gehört und nur den SPON Artikel vor einiger Zeit gelesen. Das, zugegebenermaßen, sehr kurze Interview hat mich aber nicht überzeugt, dass die Dame mehr propagiert als weniger Essen und mehr Bewegen. Allerdings ist dieses Interview doch furchtbar fantasielos. Die Frage nach dem aktuellen oder früheren Gewicht und was der Grund für ihre Zunahme war, ist doch obsolet. Das kann man doch bestimmt im Buch lesen.
    Kurz gesagt: Schien mir nichts Neues und ist daher aus meinem Kopf verschwunden.


    Allerdings liegt es wohl daran, dass diese Themen hier so ausfühlich behandelt werden. Manchmal vergesse ich (und bin bestürtzt darüber), dass andere Menschen diese erweiterte Sicht auf das Übergewicht nicht entwickeln können. Vielleicht hilft es ja einigen.

  • Jetzt hab ich mal zwecks Prokrastinierung das längere Stern Interview gelesen und finde sie eigentlichen recht sympathisch bis dahin. Was mich mehr stört sind diese ganzen sprachlichen Degradierungen des Interviewers und von ihr selbst ein bisschen. Also, Worte wie zufressen usw. Aber vielleicht wäre es zu viel verlangt das mal abzustellen.


    @FräuleinWunder: Mich interessiert auch was du persönlich von diesem Buch für dich mitnehmen konntest und vielleicht auch von der Geschichte von Frau Jäger. Einfach Interesse oder die Suche nach Leidensgenossinnen?
    Ich persönlich finde das zwar sehr interessant und ich nehme ihr auch ihren Gewichtsverlust ab usw. Ich weiß jedoch nicht was ich damit anfangen soll.

  • Es ist schwierig, denn einerseits ärgere ich mich sehr, dass nun ausgerechnet sie als Psychotherpeutin eher lieblos mit dem Thema Esstörungen umgeht.
    Letztendlich ist ihre Aussage (zumindest lese ich sie so, bitte korrigiert mich wenn ihr das anders empfindet): "Mädels, reisst Euch mal ein bisschen am Riemen, ihr habt Euch selbst in den Graben gefahren, jetzt müsst ihr da halt wieder raus."


    Das würde man glaube ich einer Magersüchtigen so nicht sagen. Weil sie aber selbst dieses enorme Gewicht hatte, glaubt sie das Recht zu haben anderen Dicken das zu sagen ... kommt mir jedenfalls so vor. Und ganz so einfach ist es nun auch nicht.



    Andererseits muss man auch einfach ihre Situation anschauen. Sie war zu dem Zeitpunkt am Ende der Fahnenstange angelangt. Hatte alles durch, sämtliche Diäten, Therapie, mehrere Ernährungsberatungen ... aus ihrer Sicht blieb da eben einfach nicht mehr viel, als sich am Riemen zu reissen. Nur kann und sollte man das nicht unbedingt auf andere übertragen.


    Was sie als eigene schreckliche Kindheit beschreibt, würde ich eher als sonntäglichen Spaziergang im Vergleich zu wirklich schrecklichen Kindheiten mit Missbrauch, oder einem Leben mit alkohlabhängigem Eltern etc. bezeichnen. Da empfinde ich ihre Art und Weise teilweise schon als etwas arrogant und überheblich.


    Dazu nervt es enorm, wie sie sich ständig selbst herabsetzt. So was mag als flapsiger Einstieg und zur Beschreibung ihres persönlichen Tiefpunktes noch als Stilmittel durchgehen, irgendwann berührt es mich als Leser nur noch unangenehm und ich habe es auch satt zu hören.


    Okay ist einfach ihr Stil.


    Dass sie keine Ernährungs Tips gibt und keine Essenspläne ... das finde ich gut und richtig. Aber wie sie diese Situation psychisch gewuppt hat, das wüsste ich schon gerne.


    Weder erfährt man von was sie eigentlich zu dicken Zeiten lebte, noch beschreibt sie die Veränderung ihrer Psyche oder ihren beruflichen Werdegang.
    Sie beschreibt ein Krafttraining mit dem sie wieder auf die Füße kam, dass ich als das Kieser Training erkenne. Das ist ja auch eine prima Sache aber ich sag es mal so, wer auch finanziell am Boden ist, kann sich das nicht leisten ohne Gönner im Hintergrund. Da fehlt mir schon auch etwas Info darüber welche Unterstützung sie aus ihrem Umfeld bekam.
    Da wo das Buch anfangen sollte, hört es im Grunde schon auf, es bleibt sehr unpersönlich ... die Offenheit bezieht sich nur auf äussere Dinge und ihren dicken Körper, nicht aber auf die Heilung ihrer Seele. Die Kapitel die dann noch folgen sind eine wahllos erscheinende
    Aneinanderreihung von Blogbeiträgen, meist darüber wie Scheisse es ist dick zu sein.


    Ganz ehrlich: die unangenehmen Seiten des Dick-seins kenne ich auch so, die braucht mir echt keiner zu beschreiben ;) und dass sie mit 340 kg noch ein bisschen unangenehmer sind, kann ich mir auch gerade noch vorstellen... mich hätte jetzt eher mal interessiert wie sie konkret aus ihrer wirklich schweren Esstörung und offenbar ja auch Depression herausgekommen ist. Ob mit oder ohne Kohlehydrate ist mir wirklich Wurst, aber irgendwas muss doch in dem Fall anders gelaufen sein, etwas was selbst die Therapien die sie durchlaufen hat nicht geschafft haben.


    Dass die meisten essen müssen um abzunehmen und dass Bewegung helfen kann sind ja nun solche Gemeinplätze :rolleyes: ... also bitte, dass diese Erkenntnis nicht das Schwierige am Abnehmen ist, wissen wir doch inzwischen wohl alle.



    Aber Du hattest ja gefragt was ich mir davon mitgenommen habe.


    Es hat mich beeindruckt, mit welcher Kraft sie sich da rausgegraben hat und mir Mut dahingehend gemacht, dass man auch in einer noch so desolaten Situation etwas für seine persönliche Fitness tun kann.
    Dieses Pragmatische und Anpackende ... so mies die SItuation auch ist, man kann irgendwo anfangen und wenn es damit ist nachts vier Stufen hoch und vier Stufen runter zu steigen um wieder auf die Beine zu kommen. Es appelliert an die eigene Verantwortung und die Selbstheilungskräfte. Das finde ich (gerade in Zeiten der Adipostiaschirurgie) wirklich wichtig und gut.

  • Ich "kenne" die besagte Dame durch ein Abnehmforum. Nicht aktuell, sondern schon 10 Jahre her und damals war eine so eine Prominenz nicht zu denken.


    Sie war eine von vielen mit sehr sehr starkem Übergewicht - und so wie es jetzt scheint - wie es durch die Interviews wirkt oder auch durch ihr Buch, so war ihre Abnahme nicht. Am Anfang konnte sie sich kaum bewegen, sass stundenlang nur auf dem Rand ihres Bettes. Sport war für sie wirklich schon die 3 Meter zum Klo (ich glaube hier sollte man auch wirklich differenzieren was jeder für "Sport" hält).


    Sie hatte in den Jahren immer wieder Rückschläge, nahm sehr viele Kilos wieder zu, berappelte sich - wurde zwischendurch schwach und versuchte Diätshake, was total nach hinten losging. Bekam leichte MS-Züge, das Leben spielte dann zwischendurch auch eine Rolle - auch ihr Kampf sich nicht mit Essen zu trösten - den sie mal gewann undmal verlor. Schade, dass dies viel zu kurz kommt in ihren Erzählungen.


    Ich finde, das Buch bzw. auch das Interview spiegeln wenig von dem wieder, wie ich sie in diesem Abnehmforum erlebt habe. Es ist so amerikanisch - "Yes you can". Ich hätte mir mehr von dem Zwiespalt, dem seelischen Streß und ähnlichem gewünscht.


    Ich selbst komme aus dem Leistungssport - ähnliche Richtung wie sie und ich habe selbst erlebt, wie es ist, wenn man durch so eine Verletzung aus der Bahn geworfen wird. Ich habe viele körperliche Plessuren durch den Leistungssport zurückbehalten, allerdings habe ich immer gemerkt, dass ich 20 Jahre lang intensiv Sport gemacht habe - selbst bei meinem absoluten Höchstgewicht wäre vieles nicht möglich gewesen und ich baue auch jetzt sehr schnell Muskulatur auf - ob es am Leistungssport an sich liegt oder ob mein Körper nunmal so ist, ich weiß es nicht.

  • Zitat von Fräulein Wunder

    mich hätte jetzt eher mal interessiert wie sie konkret aus ihrer wirklich schweren Esstörung und offenbar ja auch Depression herausgekommen ist. Ob mit oder ohne Kohlehydrate ist mir wirklich Wurst, aber irgendwas muss doch in dem Fall anders gelaufen sein, etwas was selbst die Therapien die sie durchlaufen hat nicht geschafft haben.


    Ja, das wäre für mich persönlich auch sehr interessant. Stellt sich die Frage, ob sie das überhaupt preisgeben würde. Nicht jeder öffnet seine Seele sehr vielen Menschen. Da scheint es leichter darüber zu schreiben, dass man etwas geschafft hat und nicht wie man sich die ganze Zeit gefühlt hat. Im Hinblick auf ihre Ausbildung, wäre das aber natürlich irgendwie interessant geworden.


    Ich muss sagen, dass ich aus diesen Gründen solche Bücher und Fernsehsendungen vermeide. Zu oft geht es nicht darum andere Menschen in derselben Situation eine mentale Unterstützung zu geben, sondern mehr ein "sogar ICH kann es, also kannst du es erst recht". Man wird quasi angetrieben etwas nachzumachen. Sei es eine große Abnahme wie bei Nicole Jäger oder Selbstakzeptanz wie bei Withney Thore.
    Ich will nicht sagen, dass ich das unnötig finde. Ich finde es sogar sehr wichtig, dass es solche Menschen in den Medien gibt. Nur, dann bleibe ich damit zurück und frage mich wie ich es schaffen soll mit kaputten Knien zu trainieren oder mitten in einer Depression Kampfgeist zu empfinden.

  • @ Leela


    Einerseits gebe ich Dir Recht - es stimmt, der Grundtenor ist: Tschaka Du schaffst es!
    Angesichts der Überlegung, dass ihr das Buch sicher auch neue Kundschaft ins Haus bringen soll irgendwie verständlich, aber eben auch problematisch, weil m.E. an der Grenze zum Unseriösen.


    Fairerweise muss ich aber sagen, dass sie die Dinge schon erzählt, also dass sei damit begann einmal mehr am Tag durch die Wohnung zu gehen, als vorher, dass das ihre ersten Übungen waren, ebenso berichtet sie von den Rückschlägen und auch die Diätshakes haben ein eigenes Kapitel.
    ABER es stimmt schon, dass diese Dinge innerhalb des Buches unter all den Durchhalteparolen eher untergehen, da hast Du Recht.


    Klar ist der Weg zum Klo kein "Sport" aber ehrlichgesagt beeindruckt mich genau diese Stärke, eben zuzugeben, dass sie so am Boden war und mit was für mini-Schritten sie sich da raus begeben hat. Das ist so für mich die Essenz ... eben kein Tabula Rasa und mit der radikalen OP beginnt das vermeintlich "neue Leben" sondern ein vorankämpfen um jeden Meter.


    Bei aller absolut berechtigten Kritik, aber ich finde das schon enorm, wenn man es aus Bewegungslosigkeit wieder so zurück ins Leben findet. Dabei gilt mein Respekt jetzt weniger den verlorenen Kilos als der Kraft sich wieder in Bewegung zu bringen.
    Allerdings kenne ich natürlich nur die Hochglanzseite und nicht wie Du das Bild mit Zwischentönen, das gebe ich zu.



    @ Valentina: geht mir ähnlich.


  • Doch es ist Sport - für mich ist Sport jede Art von Bewegung, die über mein, dein, unsere alltägliche Bewegung hinaus geht. Für einen Sportler ist z.b. ne Stunde walken gerade mal ein flotter Spaziergang, für jemanden der nie Sport getrieben hat - egal ob 50,100 oder 150 kg - sind 10 Min. walken SPORT.


    War jetzt weniger an dich gerichtet Fräulein Wunder sondern allg. :)



    Ich bin damals auf sie gestossen gar nicht wegen meinem Gewicht - sondern weil ich in meinem Leben gescheitert war und JEDER konnte es sehen und wie es dann so war, man googelt sich abends depressiv durchs Internet und ich bin dort gelandet und fand dieses "Stolpern- hinfallen-Träne vergießen-aufstehen" sehr motivierend.


    Ich kann nicht sagen, wie ihr Buch jetzt auf mich gewirkt hätte, wäre ich noch an dem gleichen Punkt wie damals.


    Ich glaube jetzt nehme ich ihr Buch die Interviews eher als eine Art "Zeitvertreib"war - etwas was gerade halt in ist. Im Sommer prädigt dann vielleicht Dr. Grönemeyer im Spiegel oder Stern die richtige Rückengesundheit, oder ein Ausländer macht sich "lustig" über die typischen Ausländerklischees. Oder ein Koch predigt die neue Nahrungsmittelrevolution.

  • Ich habe mir gerade das WDR-Interview mit ihr angeschaut. Für mich kommt sie trotzdem nicht so ganz autentisch rüber an manchen Stellen.
    Wenn Sie es jedoch tatsächlich geschafft hat, 170 Kilo abzunehmen, dann Respekt. Ich kann es mir jedoch anhand ihrer jetzigen Figur trotzdem nicht vorstellen.

  • I
    Wenn Sie es jedoch tatsächlich geschafft hat, 170 Kilo abzunehmen, dann Respekt. Ich kann es mir jedoch anhand ihrer jetzigen Figur trotzdem nicht vorstellen.


    Ich komme hier langsam nicht mehr mit ... sie hat sich mit 15 nach einem Unfall (trotz negativer Diagnose der Ärzte) wieder zum Laufen trainiert und sie sich hat 10 Jahre später aus absoluter Bewegungslosigkeit wieder hoch gekämpft ... wenn diese Leistungen keinen Respekt verdienen, weiß ich gerade auch nicht. :confused:


    Ob sie 17 kg oder 170 kg dabei abgenommen hat finde ich sowas von zweitrangig. Das sind Zahlen ... was wirklcih wichtig und bedeutend ist, ist dass sie ein aktives Leben führt und sich aus dem Sumpf herausgezogen hat, in dem sie steckte. Wieder so in Bewegung zu kommen ist m.E. sehr viel schwieriger als XY kg abzuspecken.


    Und warum ihr desolater Ausgangszustand (bettlägerig, jeder Meter zum Klo ist schon zu viel) gelogen sein sollte leuchtet mir nicht ein ... wer würde so etwas schon gerne zugeben und erzählen? Dazu gehört schon auch einges an Mut. :confused: Ich verstehe die Welt gerade nicht mehr.

  • Ich habe mir ein paar Amazon Rezensionen durchgelesen und finde es verwunderlich, dass einige die Größe der Abnahme bezweifeln oder nach irgendwelchen Hinweisen suchen um sie als Lügnerin zu entlarven. Das ist doch irgendwie befremdlich. Was genau bringt es denn sich hinzustellen und jedes Wort zu hinterfragen. Das ist doch kein wissenschaftliches Lehrbuch, selbst wenn es sich als solches aufführen will.
    Ich glaube viele nehmen das einfach zu persönlich, dass jemand dick und glücklich ist und andere übers Abnehmen informieren möchte. Vielleicht zerstört es ja da heile Weltbild von guten und bösen Dicken. Wer weiß?

  • Vor allem hätte sie ja dann die letzten 15 jahre lügen müssen, wo sie noch nicht prominent war und sie hat ja auch Familie und Expartner und Freunde, ehemalige Kommilitonen (sie hat u.a. auch Gebärdendolmetschen studiert) , die eine Lüge durchschauen würden :confused: Sie war auch schon mal schlanker - hatte den Termin zur Hautlappenentfernung - dann hat sie wieder viel zugenommen in kurzer Zeit- das bezweifelt komischerweise keiner ...


    Ich weiß nicht, ob es der Neid ist oder einfach, der Drang, was sagen zu müssen - ich habe eine Bekannte, die viel abgenommen hat nach Medieinstellung (Schilddrüse, Lipo) und das auch öffentlich postet - sie wiegt sich alle 2 Wochen und wenn sie in den 2 Wochen "zuviel" abnimmt, dann liest man schon Kommentare unter ihren Bildern von wegen, sie würde lügen, Bilder retuschieren, das könne gar nicht angehen....



    Vielleicht fühlt man sich auch gerade dadurch angegriffen - und fühlt sich dann als Versager und muss das an irgendjemanden auslassen.


    Anstatt sich für jemanden einfach zu freuen - egal was man jetzt von dem ganzen allgemein hält - dass jemand jetzt glücklicher ist wie zuvor.



    Leela

  • Achja und jetzt mal ganz allgemein gesprochen, finde ich persönlich es mal erleichternd, jemanden über Sport und über Ernährung reden zu hören, der kein Promi mit Waschbrettbauch ist, der mit englischen Begriffen über irgendwelche Übungen umsichschmeisst und sein Ernährungskonzept natürlich ausgearbeitet hat mit 4949 Ärzten. Da ist jemand normales - wo alles schwabbelt und der es kennt, dass man schwach ist oder wo das Leben selbst dazwischen funkte.


    Auch würde ich mich freuen, wenn ich zu einer Ernährungsberatung gehen würde und da nicht die blonde, schlanke, durchtrainierte Beraterin sitzen würde (Klischeekiste anwerf).



    Leela

  • Ich freue mich für Frau Jäger, dass sie wirklich beeindruckend viel abnehmen konnte.


    Ob das jetzt alles 100% stimmig ist, finde ich gar nicht so wichtig. Aber die Botschaft: hinfallen, Krönchen richten, weiter geht's , die ist nicht so verkehrt und die mediale Präsenz kann uU hilfreich sein, dass nicht Betroffene mal ein Sekündchen darüber nachdenken. Wenn von 100 Lesern des Interviews einer umdenkt und sich ungefragte Ratschläge ebenso spart wie den abwertenden Blick, dann ist es schon prima, wenn jemand wie Nicole Jäger mit dem Thema an die Öffentlichkeit gegangen ist.


    Nicole Jäger ist ja auch nicht die einzige Person, die ihre massive Abnahme online und in Printmedien dokumentiert. Die Berichte derjenigen, die so eine massive Gewichtsabnahme erreichen konnten, nehme ich nicht als 1:1 Ratgeber für mein Leben. Letzten Endes sind Interviews und Bücher auch Einnahmequelle und werden von daher auch so gestaltet sein, dass die (breite) Masse darauf anspricht.


    Negative Kommentare spiegeln natürlich auch so ein bisschen den Querschnitt der Gesellschaft. Da wird es immer Bewunderer und Kritiker, sachliche und unsachliche Kommentare geben, genau wie Unverständnis gepackt in "also ich habe die zugenommenen 643g sofort wieder abgenommen, bei mir wäre es nieeeeeee so weit gekommen", um das eigene Ego zu streicheln.


    Liebe Grüße,


    Marie-Luise

  • Ich habe mal in klassichen Abnahmeforen geschaut und der Ton ist eher hart bis aggressiv gehässig.



    Finde ich Schade, denn bei aller berechtigten Kritik rechne ich ihr an:

    *dass sie sich gegen die Adipositas Chirurgie ausspricht


    * dass sie sehr deutlich aufzeigt wie sinnlos und zerstörerisch Diäten sind


    * dass sie Übergewicht nicht als Krankheit, sondern als Symptom begreift


    * dass es ihr nicht um eine magische Zahl auf der Waage oder beim BMI geht, sondern darum gesund zu werden und sich bewegen zu können


    * dass die Lösung ihres Problems nicht schlank zu werden ist, sondern gesund zu werden


    * dass sie keine bestimmte Ernährungsform mit "richtigen" und "falschen" Lebensmitteln propagiert, sondern den Einzelnen dazu anhält auf den eigenen Körper zu hören.


    Das sind doch ziemlich viele Punkte, die sich auch mit der Philosophie dieses Forums decken. Finde ich gut.


    Einen recht aussagekräftiges und gutes Interview gibt es ausgerechnet bei der mir so verhassten Brigitte:


    http://www.brigitte.de/figur/a…ger-fettloeserin-1265768/

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